Ein Virus des Zerfalls:
Jugoslawien in Goran Markovićs “Variola vera” (1982)
DOI:
https://doi.org/10.17892/app.2022.00015.323Schlagworte:
Goran Marković; Jugoslawien; Epidemien; Pocken; Orientalismus; Horror; Variola Vera; öffentliche GesundheitspolitikAbstract
Goran Markovićs Film Variola Vera (1982, Jugoslawien) erzählt von einem späten Ausbruch der Pocken, wie er sich 1972 tatsächlich in Jugoslawien ereignet hat. Vielmehr noch aber ist Variola Vera ein Film über jugoslawische Ängste: die Angst vor dem Anderen, insbesondere dem orientalischen oder muslimischen Anderen und damit vor dem ‘Fremden’ im Eigenen. Variola Vera ist zudem ein Film über die Furcht vor dem Zerfall der jugoslawischen Gesellschaft. Auf mehreren Ebenen führt er vor, wie die jugoslawische Idee 1982 nur noch als Trugbild existiert, produziert für den internationalen Betrachter. Diese kollektiven jugoslawischen Ängste werden vom Film in einen Seuchennarrativ übersetzt, das mit Topoi des Horror-, Katastrophen- und Science-Fiction-Genres arbeitet. Der Film bietet darüber hinaus Auswege aus der (nicht nur medizinischen) Krise, die die Epidemie in den Vordergrund rückte: Einerseits wird auf eine zumindest partielle (Wieder-)Erweckung des solidarisch-opferbereiten, revolutionären partisanischen Geistes angespielt. Andererseits kehrt in der Gestalt des medizinischen UN-Experten das Unheimliche wieder und geistert den biopolitischen Maßnahmen des jugoslawischen Staatsapparats nach. Der Artikel unternimmt eine Analyse dieser neuralgischen Punkte, die durch die Variola-Epidemie ausgelöst werden und fragt gleichzeitig danach, wie in Markovićs Darstellung die Krankheit selbst zu einem komplexen Symptom der jugoslawischen Gesellschaft von 1982 wurde.
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