Cross-Dressing-Frauen im Kino des Russischen Reiches, 1910-1917

Abstract

Der Artikel analysiert die Darstellung von Frauen in Cross-Dressing in Filmen, die zwischen 1910 und 1917 im Russischen Reich produziert wurden. Untersucht werden 25 Filme, von denen manche erhalten sind, andere als verloren gelten. Die Studie identifiziert zwei Hauptgruppen: Filme mit geschlechtsübergreifender Besetzung und solche, in denen weibliche Charaktere ihre Geschlechtsidentität vorübergehend verschleiern. In den meisten Filmen der ersten Gruppe sind Frauen in den Rollen von Knaben und jungen Männern zu sehen, was in direktem Zusammenhang mit der Tradition der Theatertravestie steht. Der Artikel widmet sich insbesondere dem Portret Doriana Greia / Das Bildnis des Dorian Gray (Vsevolod Meyerhold, 1915),mit derSchauspielerin Varvara Ianova in der Hauptrolle. Sie zeichnet auch einige der öffentlichen Diskussionen zum Thema Travestie in kaiserlich-russischen Theaterkreisen nach und konzentriert sich dabei auf eine Broschüre aus dem Jahr 1905 “Warum ich die Rolle der Jungfrau von Orleans spiele” von Boris Glagolin, einem innovativen Theaterschauspieler und -regisseur, der selbst auf der Bühne Jeanne d'Arc verkörperte. Unter den Filmen, in denen das Cross-Dressing als fester Bestandteil der Handlung dargestellt wurde, werden in dem Artikel mehrere Komödien sowie Dramen kurz besprochen, in denen das Cross-Dressing weniger stark vertreten war und in der Regel als Teil einer mutigen Handlung aufgenommen wurde. Der Film Nelli Raintseva (Evgenii Bauer, 1916) stellt eine bemerkenswerte Ausnahme von diesem Trend dar und wird daher genauer analysiert.