Spott und Verlockung zugleich
Chasan Chažkasimov Ein Reiter mit Blitz in der Hand als Infragestellung des kolonialen Feminismus
DOI:
https://doi.org/10.17892/app.2023.00017.336Schlagworte:
Chasan Chažkasimov, Kabardino-Balkarien, Indigenes Kino, Geographie, Eco Cinema, interkulturelle Beziehungen, Dekolonialisierung, Sowjetisches Kino, Weißer Feminismus, GleichberechtigungAbstract
Chasan Chažkasimovs Vsadnik s molniej v ruke / Ein Reiter mit Blitz in der Hand (Sowjetunion, 1975) ist ein seltenes Beispiel für einen Film, der in einem Studio in der Russischen Sowjetrepublik von einem Regisseur von außerhalb des sowjetischen Zentrums gedreht wurde und in seiner Heimatregion spielt. Im Mittelpunkt des Films, der in den 1930er Jahren spielt und auf wahren Begebenheiten beruht, steht Nataša, eine Geologiestudentin. Auf der Suche nach Molybdän, einem seltenen Metall mit industrieller und militärischer Verwendung, reist sie nach Kabardino-Balkarien, um die ländliche Region in eine wohlhabende, sowjetische Metropole zu verwandeln. Dort verliebt sie sich in El'berd, einen örtlichen Schmied. Ihre Beziehung mit dem örtlichen Schmied führt Nataša ihre eigene Unwissenheit vor Augen, ihre Vorurteile werden in Frage gestellt. Dieser Artikel schlägt vor, den Film als Ausdruck indigener Identität und Infragestellung des sowjetischen Siedlerkolonialismus zu lesen. Außerdem wird gezeigt, wie Chažkasimov staatliche Fortschrittsnarrative untergräbt, die der Film bei oberflächlicher Betrachtung zu bestätigen scheint. In seiner filmischen Darstellung der romantischen Beziehung hinterfragt Chažkasimov die kolonialen und rassistischen Annahmen, die der vermeintlich feministischen Rhetorik zugrunde liegen. Der Artikel argumentiert, dass der Film, indem er den offiziellen Diskurs in Frage stellt, die Gültigkeit von Natašas kolonialem Feminismus und sowjetischer Rhetorik untergräbt. Ferner unterläuft Khažkasimov durch Natašas Geschichte das Narrativ, dass Russ:innen über einen überlegenen Einblick verfügen. Stattdessen hebt er das Wissen und die Erfahrung der Menschen aus der Region hervor. Ihre Beziehung zum Land selbst stellt Chažkasimov in den Mittelpunkt, indem er den sowjetischen Staat als Aggressor gegenüber der natürlichen Welt darstellt. Das Werk Chažkasimovs war bisher nur selten Gegenstand gezielter wissenschaftlicher Forschung, doch bietet der Film eine zentrale Fallstudie, um zu verstehen, wie nicht-russische sowjetische Regisseure nicht-russophonen Nationalitäten innerhalb der sowjetischen Filmindustrie eine Stimme geben konnten. Schließlich stellt der Film auch einen Teil des filmkulturellen Erbes der Region Kabardino-Balkarien dar.
Downloads
Veröffentlicht
Zitationsvorschlag
Ausgabe
Rubrik
Lizenz
Copyright (c) 2023 Apparatus. Film, Medien und digitale Kulturen in Mittel- und Osteuropa
Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.
Die Beiträge in Apparatus sind unter https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ publiziert. Diese Lizenz kann nicht auf die zitierten Medien angewendet werden, diese unterliegen den Bedingungen der individuellen Nutzungsrechte.
Die Autor/innen besitzen uneingeschränktes Urheberrecht und verfügen ohne Vorbehalt über ihre Veröffentlichungsrechte.