Pandemische Körper

Das 55. Internationale Filmfestival Karlovy Vary, 20-28. August 2021

Author
Natascha Drubek
Abstract
In der Reportage vom 55. Internationalen Filmfestival Karlovy Vary (August 2021) geht es auf der einen Seite um herausragende Produktionen aus Mittel- und Osteuropa, die in Karlsbad gezeigt wurden. Auf der anderen Seite widmet sich die Autorin der Ära von COVID-19 in Tschechien, wie sie sich im Umgang des A-Festivals mit der Pandemie manifestiert. Kritisch beleuchtet wird die Frage, wie sich die Filmkunst auf der einen, und die Medien und die Gesellschaft auf der anderen Seite, zu der hohen Sterblichkeitsrate in diesem mitteleuropäischen Land stellen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt daher auf der Analyse tschechischer Filmproduktionen, die nach der Pause des Festivals im Jahr 2020 im Jahr 2021 in Karlovy Vary besonders zahlreich vertreten waren (Václav Kadrnka, Adéla Komrzý, Olmo Omerzu, David Ondříček, Jan Šikl). Ein Kapitel widmet sich der politischen wie auch kulturellen Bedeutung des Sports in der Geschichte des Landes in Zusammenhang mit dem Biopic Zátopek. Des weiteren werden zwei historische Quellen verwendende Dokumentarfilme (Sergei Loznitsa, Jan Šikl) präsentiert. Analysiert werden zwei georgische Filme, wie auch Werke aus Nordmazedonien (Dina Duma) und Rumänien (Radu Jude). Obgleich die in diesem Artikel behandelten Filme – einige davon sind Preisträger – die Pandemie nicht zum Thema machen, handeln sie alle von Tod und Familie: dem Umgang mit dem Tod in der Familie (Kadrnka, Jaroszuk, Koguashvili, Komrzý, Munkuev) oder vom Tod der Familie (Bliadze, Jaroszuk, Omerzu). Die Filme haben gemeinsam, dass sie alle vom Körper handeln – sowohl in seiner Stärke als auch in seiner Sterblichkeit. So wird im westböhmischen Kurort 2021 der Körper in Extremsituationen zum prägenden Thema des Festivals in einer Welt, die noch immer von der Bedrohung der Pandemie heimgesucht wird.
Keywords
Stefan Arsenijević; Michael Caine; Věra Čáslavská; Ethan Hawke; Václav Kadrnka; Levan Koguashvili; Adéla Komrzý; Sergej Loznica; Jiří Menzel; Karel Poláček; Jan Šikl; Emil Zátopek; Tschechien; Filmfestival, Kurort; Sokol; Sacha; Trailer; Sport; Maske; Familie; Biopic; Karlsbad; FEDEORA; COVID-19.

Die Ära der Pandemie. “Tady Vary” und Karlovy Vary in den Jahren 2020-2021

Das 55. Mal, (post-)pandemisch

Was war neu, was hat gefehlt?

Der Tod (des Vaters) als filmisches Motiv. Corona und die DNA Europas in Karlsbad

Produktionsbedingungen 2020/21 und die Maske als kulturelles Symbol

Sport und Politik: Schwimmen mit und gegen Strom

Herausragendes aus Georgien – und Georgisches aus Brooklyn, New York

Einbruch der Fiktionen in die Realität der Familie und der Grand Prix

Crowdsourcing der Erinnerung an den 21. August. Found Footage, Oral und Visual History in Jan Šikls Rekonstruktion der Besetzung

Koloniale Biopolitik im Film Der Russe: Ausrottung, imperiale Eugenik und der lokale "Fürst"

Filmkunst und (post-)pandemische Welt

Acknowledgement

Bio

Bibliography

Filmographie

Suggested Citation

Die Ära der Pandemie. “Tady Vary” und Karlovy Vary in den Jahren 2020-2021

Als im Frühjahr 2020 die Corona-Epidemie ausbrach, wurden die meisten Filmfestivals in Europa abgesagt. Auch in Tschechien konnte das für den Juli 2020 geplante internationale Filmfestival nicht stattfinden. Doch die Festivalleitung dieses wichtigsten internationalen kulturellen Ereignisses in Tschechien gab nicht auf. Um die Filmschau nicht völlig ausfallen zu lassen, wurde eine nationale Ersatzveranstaltung mit dem Titel “Tady Vary” (“Hier Vary!”) ins Leben gerufen; “Vary” ist die Kurzform für Karlovy Vary). In 69 Kinos der Republik wurde jeweils ein für das Programm der 2020er Edition ausgewählter Film simultan vorgeführt, in manchen Fällen im Beisein der Festivalleitung und mit einem abgeschnittenen Stück vom Karlsbader Roten Teppich.1 Meiner Meinung nach eine gute Idee, da in Tschechien das kulturelle wie auch politische Gefälle zwischen Zentrum und Peripherie, Land und Stadt erheblich ist.

Auch wenn Renovierungen während der durch die Pandemie bedingten Schließungen von touristischen Zielen problemlos durchgeführt werden konnten, war im August 2021 das Hotel Thermal, das logistische Zentrum und Herz des Festivals, bei weitem noch nicht fertiggestellt.

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Das Hotel Thermal, teils eingehüllt (Foto N. Drubek)

Die Restaurierung dieses 1977 in Betrieb genommenen Festivalhotels ist unter Denkmalschutzgesichtspunkten umstritten.2 Der brutalistische Bau mit dem an Filmspulen erinnernden Vorbauten, der von oben betrachtet wie ein Schneidetisch aussieht, wurde bereits in den 1960er Jahren von Věra Machoninová und Vladimir Machonin entworfen. Er zeichnet sich durch Funktionalität, großzügige Fensterfronten und einen traditionellen Kinosaal aus (“Velký sál” auf Tschechisch), der mit beachtlichen 1148 Plätzen aufwarten kann.3

Pünktlich zum Abschluss des Festivals wurde das nach sieben Jahren Schließung erneuerte Thermalbecken, das hoch über der Stadt liegt, eingelassen. Kritisiert wird die verspätete, oder aber – angesichts der das Becken umzingelnden Baustellen – verfrühte Eröffnung des Pools. Aufgrund der bevorstehenden Wahlen wurde sie durch die Finanzministerin der Partei ANO an einem verregneten Tag vorgenommen. Geplant war die Fertigstellung am 1. Juni 2021 (“damit das Festival zufrieden ist”).4

Die Stadt hat seit einigen Wochen allen Grund, ihre Kurtradition zu pflegen. Im Juli wurde sie als Bestandteil des westböhmischen Bäderdreiecks Vertreterin der “Great Spas of Europe (“Slavné lázně Evropy”)” für die Weltkulturerbeliste der UNESCO nominiert (insgesamt sind es 11 Kurorte in 7 Ländern). Wenig zuträglich für das Renommee der Kurstadt ist der Umstand, dass sich die Hauptpromenade mit ihren eleganten Kolonnaden zunehmend in eine Partyzone mit zahlreichen Musikbühnen verwandelt, die auch nachts eine beträchtliche Lautstärke entwickelt. Kurorte bieten gewöhnlich eine erholsame Atmosphäre.

In Karlovy Vary zeigten sich diesmal einige sonst weniger sichtbare Probleme, mit denen Tschechien weniger aufgrund von Corona, sondern aufgrund seiner politischen Führung zu kämpfen hat. Der Festival-Präsident, Jiří Bartoška, ließ sich von solchen Kleinigkeiten jedoch nicht beeindrucken und legte v.a. Wert auf einen reibungslosen Ablauf, schließlich “kenne sein Team das Festival auswendig”.5 Also ‘business as usual’?

Das 55. Mal, (post-)pandemisch

Die 55. Ausgabe des Festivals unterschied sich, zumindest äußerlich, kaum von den vorangegangenen. Die Kinosäle und Theater waren sehr gut besucht, ja, oft bis auf den letzten Platz besetzt. Viele Menschen füllten die Straßen und Hotels der Kurstadt, die während des Corona-Lockdowns und der Grenzschließung, die im Frühsommer schrittweise aufgehoben wurden, leer gewesen waren. Dennoch hatten einige Gäste Probleme mit der Anreise oder der Teilnahme – Gründe dafür waren Quarantänebestimmungen oder das Fehlen einer Immunisierung oder einer in der EU gültigen Impfung. So hielt etwa die Impfung mit dem russischen Sputnik-Vakzin einen der künftigen Gewinner zunächst davon ab, seinen Film in Karlovy Vary persönlich vorzustellen. Insgesamt hörte man dieses Jahr in Karlovy Vary weniger Russisch und auch weniger Englisch, v.a. britisches; dies ist umso überraschender, da es eine Michael Caine-Retrospektive gab und Julien Temples Crock of Gold. A Few Rounds with Shane MacGowan / Shane (2021, USA, GB, Irland) in Karlovy Vary Premiere hatte. Offensichtlich eine Folge von Corona und indirekt auch Brexit, die sich in einer unheilvollen Verquickung zu einer zunehmenden Isolation der Insel vom Kontinent geführt haben auch auf das Fehlen von Vertretern der Filmindustrie und Filmkritikern.

Das stets überdurchschnittlich gut organisierte und vollends in der digitalen Ära angekommene Festival (seit Jahren kann man Tickets online reservieren, inzwischen auch über eine APP) hatte eine Strategie entwickelt, wie man mit Corona auf einer Massenveranstaltung, das ein A-Festival mit nationalen und internationalen Stars und ihren Fans ist, umgehen kann. Die vom Publikum geforderten Hygiene-Regeln beruhten nicht auf Abstandhalten, sondern auf der Prüfung des Impf- oder Genesenenstatus über das EU-COVID19-Zertifikat, der durch ein mit dem Logo der 55. Edition bedrucktes schwarz-weisses Permanent-Armbändchen (“Covid-safe kontrolní páska”) dokumentiert wird, das während des Festivals den raschen und unbürokratischen Einlass in alle Veranstaltungen ermöglichte.

Eine weitere Auflage war das Tragen der FFP2/KN95//N95 bzw. Nano-Maske, auch im Kinosaal. Hier haperte es bei der Eröffnung und nicht erst im Dunkel des Großen Kinosaals. Viele Gäste in Galakleidung hatten scheinbar nicht vor, sich ihre Feierlaune und ihr Make-up durch den “respirátor” verderben zu lassen.6 Dieser Lapsus führte dazu, dass die Festivalleitung ab dem zweiten Tag stärker zur Maske ermahnen ließ, was durch das gewöhnliche wie auch das professionelle Kinopublikum diszipliniert befolgt wurde.

Zur Eröffnung des Festivals wurde der Kristallglobus für den Beitrag zum Weltkino (die Karlovy-Vary-Version der Auszeichnung für das Lebenswerk) an Michael Caine verliehen, der mit einem Gehstock erschien und eine kleine Rede über die Bedeutung von Glück (“luck”) für eine Schauspielerkarriere hielt, ein Thema, das ein weiterer Gast, Ethan Hawke, einige Tage später aufgreifen sollte. Hawke war in Paul Schraders mystischem Öko-Thriller First Reformed (2017, USA) zu sehen und gab einen gehaltvollen KVIFF TALK, den sein Gesprächspartner Neil Young mit einer Frage nach seiner Zusammenarbeit mit dem in Zlín geborenen britischen Dramatiker “Tom Stoppard – Tomáš Straussler”7 begann. Der diplomatische Hawke nutzte in Karlovy Vary mehrmals die Gelegenheit dazu, sich dafür zu bedanken, dass das Publikum Masken trage. Ein weiterer amerikanischer Gast war Johnny Depp, der als Produzent und Schauspieler Minamata (2020, GB, USA) und Crock of Gold. A Few Rounds with Shane MacGowan / Shane präsentierte, einen Film über den Frontmann der Band The Pogues.8 Depps Auftritt im Stadttheater bewirkte Ansammlungen von großen Menschenmengen, die zu einer bei diesem Festival ungewöhnlichen Verspätung der Projektion führten.

Was war neu, was hat gefehlt?

Die Festival-Sonderausgabe der Zeitung Právo (Medienpartner des Festivals) erschien diesmal nur einmal im Vergleich zur früher täglichen Berichterstattung. Dies trug zur Qualität der Beiträge des 20-seitigen tschechisch-englischen Blattes bei, das – wie auch weitere Presseerzeugnisse der medialen Partner (etwa der Zeitschrift REFLEX) – überall auslag. Auf der anderen Seite fehlte aufgrund der Homogenität der Autoren (eine Autorin war lediglich in einem Artikel als Koautorin beteiligt) eine Vielfalt der Perspektiven wie auch die lebendige Berichterstattung während des Festivals, die Interviews, den aktuellen FIPRESCI-Poll, den man früher – wie die Börsenkurse – auf Zeitungspapier nachschlagen konnte.

Doch die wohl bedeutendste Neuerung ist die Etablierung des Festivalfernsehens KVIFF.TV. Das neue Format muss noch eruieren, wer sein Ziel-Publikum ist – international oder tschechisch, highbrow oder lowbrow. Eine weitere audiovisuelle Form der täglichen Berichterstattung – in Kooperation mit einem englischsprachigen online-Publisher und Nachwuchsjournalist*innen aus der ganzen Welt – wäre durchaus denkbar.

Neu war der Einbezug von Dokumentarfilmen sowohl im Hauptwettbewerb als auch in der ebenso stark beachteten Sektion “East of the West” / “Östlich vom Westen”, wo zum ersten Mal auch Nordafrika einbezogen wurde. Aus dem Dutzend Debuts und Zweitfilmen die besten Filme auszuwählen war meine Aufgabe als Mitglied der Jury der Federation of Film Critics of Europe and the Mediterranean, FEDEORA.

Vertreten war das Dokumentarfilmgenre durch Jednotka intenzivního života / Intensivstation Leben (2021, Tschechien), basierend auf dem FAMU-Abschlussfilm von Adéla Komrzý, produziert von Pavla Janoušková Kubečková. Protagonisten dieses Films sind Patienten eines Prager Krankenhauses, der Všeobecná fakultní nemocnice v Praze, ihre Familien und die Doktoren Ondřej Kopecký und Kateřina Rusinová. Komrzý hält fest:

Während der Coronavirus-Krise begann sich die Öffentlichkeit für ethische Fragen der Medizin zu interessieren. [...] Ein Thema, mit dem ich mich in meinem entstehenden Film über Palliativmedizin seit zwei Jahren intensiv beschäftige. Dank der modernen Medizin und des technischen Fortschritts können wir Patienten fast unbegrenzt am Leben erhalten. Wann darf man damit aufhören? Es ist, als ob die Corona-Krise die Konturen unseres Filmthemas gezeichnet hat.9

Der Film von Komrzý, der Fragen des Krankenhausaufenthalts und das Verhältnis der Familienmitglieder zum Krankenhaus, zu den Ärzten, den Krankenschwestern und zum Kranken selbst thematisiert, hat das Festival-Publikum angesprochen. Um ein Haar hätte dieser ganz und gar unprätentiöse Film den Publikumspreis gewonnen.

Die Tschechische Republik gehört zu den am stärksten von Covid-19 betroffenen Ländern. Obwohl die Tschechische Republik der erste europäische Staat war, der im März 2020 das Tragen von Masken vorschrieb und die “Schotten dicht machte”,10 rettete dies das kleine mitteleuropäische Land nicht vor einem insgesamt dramatischen Verlauf der Seuche. Bis August 2021 starben in der Tschechischen Republik durchschnittlich 285 Menschen pro 100.000 Einwohner, d.h. die offizielle Sterblichkeitsrate11 war nach Peru, Ungarn, Bosnien und Herzegowina die vierthöchste weltweit. Auch wenn einige Analysen diesen erschreckenden Verlauf politisch mit einer populistischen Öffnung (ähnlich dem sog. “Freedom Day” in Großbritannien) und Aufhebung von Covid-19-Hygiene-Regeln begründen, sind viele Tschech*innen vom Ausgang erschüttert und betroffen.

Dies war auf dem Festival jedoch nicht nachzuvollziehen. Die Eröffnungs- wie auch Abschlusszeremonie, die traditionell mit einer Tanzdarbietung der Choreographen Caban verbunden ist,12 ließ sich nicht anmerken, wie Covid-19 hierzulande gewütet hat – unter anderem auch unter den Filmschaffenden. Eines der Opfer war einer der international bekanntesten Filmregisseure Tschechiens, Jiří Menzel (23.02.1938 – 05.09.2020).13 Dies wurde jedoch in keinem öffentlichen Zusammenhang erwähnt – auch wenn sein Porträt unter denen war, deren Liste jedes Jahr als Serie der Verluste unter den Filmschaffenden dem Publikum am letzten Abend vorgeführt wurde. Zu beklagen waren zahlreiche von 2019 bis 2021 Verstorbene, darunter Libuše Šafránková, Ivan Passer und Kim Ki-duk, der letztere auch ein Covid-Opfer. Das Schweigen über Covid wirkte unnatürlich und zudem fragte man sich, warum das Festival in der langen Pause von 13 Monaten nicht zumindest einen neuen Trailer produziert hat, der dieses Thema – in welcher Form auch immer – aufgegriffen hätte. Die Karlovy-Vary-Trailer mit Stars aus In- und Ausland, die eine Auszeichnung in Form des von einer weiblichen Figur gehaltenen Kristallglobus (tschechisch: Křišťálový Glóbus) auf dem Festival erhalten haben, erzählen eine kurze Story, die meist die Unhandlichkeit der Figur (selbst)ironisch thematisieren. Dies fiel umso mehr ins Gewicht, als Menzel in einem älteren KVIFF-Trailer (2009) zu sehen war, der 2021 vor vielen Filmen gezeigt wurde.14 In diesem von Altherrenhumor inspirierten Kurzfilm diente die Kirstallkugel Menzel als optisches Instrument, um sich – und das cinephile Publikum – die populäre Szene seines Oscar-prämierten Films Ostře sledované vlaky / Scharf beobachtete Züge (auch: Liebe nach Fahrplan) zu vergegenwärtigen. Der Trailer, dessen Pointe den Voyeurismus des alternden Regisseurs zwar bestraft, hinterlässt jedoch gerade 2021 ein Unbehagen, welches nicht nur damit zusammenhängt, dass als weiteres Element der Beschwörung des historischen Hinterteils eine junge Frau im kurzen Rock dienen muss, der Menzel ein imaginäres Spinnennetz “ganz oben” zu entfernen befiehlt, damit er sie aus einer geeigneten Perspektive betrachten kann. Dieses Mal ist mir auch aufgefallen, dass Menzels erotische Vision wenig mit der Einstellung aus dem Jahr 1966 zu tun hat, in der Fahrdienstleiter Hubička das Hinterteil von Zdenička mit einem zweisprachigen Stempel stempelt – schließlich spielt der Film im Jahr 1944, also zur Zeit des deutschen “Protektorats Böhmen und Mähren”. Menzels vertikale Perspektive in diesem Trailer hat mit seiner eigenen, von Hrabal inspirierten, Horizontalen der Neuen Welle-Ästhetik kaum noch etwas gemein. Insbesondere für die internationalen Gäste hätte man während des Festivals den Tod des so lediglich in diesem Trailer präsenten Regisseurs kommentieren können.

Es scheint, dass man in der (post-)pandemischen Situation gerade in Tschechien über den Tod nicht sprechen mag. Handelt es sich um eine Verdrängung dessen, was in der Gesellschaft viele Menschen, ihre Familien, Freunde und Kollegen schmerzhaft getroffen hat? Immerhin sind während eineinhalb Jahren Corona um ein Fünftel mehr Menschen gestorben (über 30.000) als Tschechoslowaken im gesamten Zweiten Weltkrieg gefallen sind (25.000).15

Man muss es daher dem Auswahl- und Programmteam hoch anrechnen, dass sie zwei tschechische Filme, die sich mit Krankheit und Tod auseinandersetzen, in die beiden Wettbewerbe aufgenommen haben – es wirkte wie ein beredter Protest gegen das öffentliche Schweigen über Corona.

Der Tod (des Vaters) als filmisches Motiv. Corona und die DNA Europas in Karlsbad

Václav Kadrnkas “spiritual drama“16 Zpráva o záchraně mrtvého / Nachricht über die Rettung eines Toten (2021, Tschechien, Slowakei, Frankreich) lief im Hauptwettbewerb.

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Zpráva o záchraně mrtvého (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Laut Vojtěch Rynda bildet dieser Film zusammen mit Osmdesát dopisů / Achtzig Briefe (2011) und Křižáček eine Trilogie. Kadrnka legt in einem Gespräch mit dem Filmkritiker offen, dass “das Thema der Abwesenheit eines geliebten Menschen ihn nicht loslasse” – überaus aktuell während der Corona-Epidemie, die zu einer für viele Menschen unbekannten oder lang vergessenen Situation geführt hat: zu räumlicher, durch Landesgrenzen bedingter oder ‘hygienisch bedingter’ Trennung von voneinander.

Als 2020 die Grenzen dichtgemacht wurden, fühlten sich die ältesten Zeugen an Ausschluss aus der Gesellschaft und Vertreibungen, sowie die ältere Generation in unangenehmer Weise an den Eisernen Vorhang erinnert. An das Gefühl der Klaustrophobie angesichts des sich senkenden Vorhangs erinnert auch der Dokumentarfilm Rekonstrukce okupace / Rekonstruktion der Besetzung (s.u.), der am 21.08.2021 – am Jahrestag des Einmarschs der Truppen des Warschauer Pakts seine Premiere hatte.

In Kadrnkas Křižáček / Der kleine Kreuzritter suchte ein Kreuzritter nach seinem Sohn, in Osmdesát dopisů war es umgekehrt die Reaktion des Sohnes auf die Ferne des Vaters, der nach Großbritannien emigriert war. Covid-19-Einreise-Auflagen und Quarantäne haben einen ähnlichen Effekt wie Ausreiseverbote oder auch Visaregelungen. Oder auch die geschlossene Grenze als der Ort, an der heute Träume und Hoffnungen von Menschen in Not zerschellen, die als Migranten bezeichnet werden. Unsere Erfahrungen der Vertreibung, der (E)Migration, ja, des Genozids sind unsere Wahrnehmung der Seuche eingeschrieben. Sie sind im Guten wie im Bösen ein Teil der europäischen DNA und dies besonders schmerzhaft präsent in Mittel- und Osteuropa, wo die Folgen von imperialer Gewalt und Besetzungen bis heute spürbar sind – sei es durch das “Dritte Reich” (Polen, ČSR, Ukraine) und/oder früher noch die Sowjetmacht (Ukraine, baltische und kaukasische Völker), zumal nach der Befreiung durch die Rote Armee im Zweiten. Weltkrieg, sanktioniert vom Westen durch das Abkommen von Jalta (Polen, ČSR, Ukraine, baltische und kaukasische Republiken).

Der Nexus zwischen dieser Geschichte und der post-totalitären Gegenwart wird anders wahrgenommen an einem der einstigen ‘Tatorte’ – Karlsbad/Karlovy Vary ist so einer. Die Stadt war schließlich der Heimatort des 1946 in Prag gehenkten Kriegsverbrechers K.H. Frank, Hitlers treuem Gefolgsmann in der besetzten Tschechoslowakei. Im Kino Čas, mitten in der Fußgängerzone von Karlovy Vary konnte ich der Vorführung und Diskussion des Films Baby Yar. Kontekst / Babij Jar. Kontext (2021, Niederlande, Ukraine) von Sergei Loznitsa (Serhij Loznycja) beiwohnen.

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Destalinisierung der Ukraine 1941 und der Tatort Babij jar / Babyn jar bei Kiev/Kyiv in Loznitsas Dokumentarfilm (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Im Anschluss gab es eine intensive Diskussion, in der ein Zuschauer, offensichtlich ein Opfer von Desinformation, von “vier Millionen ukrainischer Soldaten in der Wehrmacht” sprach. Es war erleichternd, als Loznitsa persönlich diesen Irrtum an diesem Ort aufklären konnte.

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Sergej Loznica beim Q&A zu Baby Yar im Kino Čas, Karlovy Vary (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Produktionsbedingungen 2020/21 und die Maske als kulturelles Symbol

Die Mischung aus unbewältiger Bürokratisierung und menschlicher Distanz führte 2020/21 in vielen Fällen zu einer neuen Erfahrung von Einsamkeit und Angst – abgesehen von den begründeten Ängsten vor der Ansteckung, die gerade auch am Filmset herrschte. Filmteams sind besonders gefährdet. Dies war vermutlich der Gedanke vieler, die die Nachricht gelesen haben, dass der russische Regisseur Andrej Zvjagincev aufgrund einer schweren Covid-Erkrankung in Deutschland behandelt und in ein künstliches Koma versetzt wurde.

Václav Kadrnkas – vor Corona – im zum Abriss freigegebenen Franz-Josef-Krankenhaus von Olomouc gedrehter Film war der erste tschechische Film, der nach einer Corona-Pause weitergedreht wurde (Rynda 2020). Wie auch die tschechische Produktion Zátopek musste er dann lange auf seine Uraufführung warten – beide erlebten ihre Premiere Karlovy Vary 2021.

“Das Thema ist eine Familie, in der ein Mitglied abwesend ist und jemand nach ihm sucht”, erklärt Kadrnka die Zusammenhänge. “Auch formal sind sich die Filme sehr ähnlich, zum Beispiel im Umgang mit dem Raum, in dem sich die Zustände der Figuren widerspiegeln. In allen drei Filmen ist auch die Heimat weitgehend abwesend. Und sie sind alle eine Art Roadmovie: Im Bericht wandert er durch die Korridore eines Krankenhauses und sucht.” Kadrnka wolle mit seinem neuen Film unter anderem zeigen, dass man niemals aufgeben sollte und dass auch scheinbar sinnlose Dinge einen Sinn haben. Er bezieht sich dabei sowohl auf die Situation mit dem komatösen Vater, die am Anfang des Films steht, als auch auf dessen komplizierte Entstehung. (Vojtěch Rynda 2020)17

Vojtěch Rynda hält das interessante Faktum fest, dass Kadrnka sich – obwohl dies 2020 zu der semi-dokumentarischen Kadrnka-Regie problemlos gepasst hätte und vielleicht sogar die Drehpause minimiert hätte – gegen Masken im Film entschied. Meine Vermutung ist, dass der Auteur Kadrnka auf der einen Seite ein allgültiges Kunstwerk anstrebte, auf der anderen Seite die Maske an sich etwas ist, das weder in Kadrnkas lyrisch-kontemplative Filmpoetik noch zu der filigranen Mimik seiner Schauspieler passt. Das Ergebnis wäre dem Fiasko vergleichbar, das entstanden wäre, wenn die Schauspieler in einem Film von Tarkovskij oder Bresson Masken tragen würden.

Nicht viele Filme enthielten die weltweit zu einer täglichen Realität gewordenen Masken. Radu Judes Film Babardeală cu bucluc sau porno balamuc / Bad Luck Banging or Loony Porn (Rumänien / Luxemburg / Tschechien / Kroatien 2021) war einer der wenigen Filme, der sie nicht nur aufnahm, sondern mit ihnen auch spielerisch die absurde Situation einer Elternversammlung in einer Bukarester Eliteschule orchestrierte, die sich dagegen wehrt, dass ihre Kinder von einer progressiven Lehrerin unterrichtet werden, die nicht nur Hannah Arendt unterrichtet und “antirumänische” Propaganda betreibt, sondern angeblich in einem Porno im Internet auftaucht, der sodann auf der Versammlung vorgeführt wird. Die meisten Eltern tragen unterschiedliche grotesk-bedruckte Masken, die an Clownsfiguren erinnern, oder auch solche mit patriotischen oder anderen Botschaften.

Jegliche Maske wirkt für ihre Träger*innen als Agentin der Differenz, wie der Theaterwissenschaftler Richard Weihe bemerkte: “Die Maske wird auf das Gesicht aufgesetzt. Sie ist eine Hülle, die nicht mit dem Inhalt identisch ist oder anders gesagt, die gerade durch die Differenz zu ihrem Inhalt bestimmt wird.” (16.10.2006) Dies mag der Grund sein, warum im heutigen Bukarest die ungeliebten Masken, welche die Identität der Träger veruneindeutigen, personalisiert werden müssen. Dies gilt zumindest für die Identitären unter den Eltern, denn die liberalen Pädagoginnen tragen einfarbige Masken.

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Die Tierfell-Augenmaske und Covid-19-maskierte Eltern in Babardeală cu bucluc sau porno balamuc (Film Servis Festival Karlovy Vary)

In der Elternabendszene, die Jude in einem Innenhof wie ein Theaterstück inszeniert, greift das Maskenspiel Figuren der commedia dell’arte auf, die hier in einer Art barockem ’Schultheater’ gezähmt werden. Traditionell galt in christlichen Kulturen die Maske als ein visuelles Symbol der Täuschung und des Betrugs. Weihe weist darauf hin, dass die Maske das “Stigma des Sündhaften und Diabolischen” hatte – der klassische Träger der ‘oberen’ dunklen Halbmaske der Commedia dell’arte ist “Harlekin (Arlecchino), der in sakralen Spielen in die Nähe der maskierten Teufelsfiguren – des »Teufelchens« (h)ellechino – rückte. Zusammen mit Arlecchino wurde die Maske dämonisiert.”18

Radu Jude beginnt seinen Film mit einer privaten Maske, die im erotischen Spiel die obere Gesichtshälfte mit dem Raubtiermuster verdeckt und die Person nur oberflächlich anonymisiert. So fügen sich in seinem Film die beiden Hälften zusammen – die durch das Schultheater verteufelte intime Spielmaske und die öffentliche Covid-19-Schutzmaske. Beide bieten im heutigen Rumänien ihren Trägern nur unzuverlässigen Schutz.

Nun möchte ich noch einmal auf die Rahmung des Festivals zurückkommen. Das zentrale gestalterische Element im Tanz am Abend der Eröffnung des Festivals waren weisse Stoffkreise, die man mit etwas Fantasie als Atemmasken interpretieren konnte. Die Tänzerinnen zogen sie sich ab und zu über den Kopf, so dass das gesamte Gesicht bedeckt war, oder sie streiften sie wieder ab – befreit von der Hülle, die auf Tschechisch auch rouška (eigentlich: Schleier) heißt (Fig. 5).

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Die (post)pandemische Choreografie der Brüder Caban, hier ohne über das Gesicht gezogenen Stoff fotografiert (Eröffnungszeremonie, 20.8.2021; Film Servis Festival Karlovy Vary)

Welche Bedeutung konnte dieser Ver- und Enthüllungstanz in Kombination mit den Porträts der Verstorbenen in der Schlusszeremonie haben? Richard Weihe kann uns auch hier weiterhelfen, wenn er den Maskentanz als Erinnerungsfigur qualifiziert:

Die überformten Ahnenschädel dienten als ›Totenerinnerungsfiguren‹ in schamanistischen Ritualen. Die Wiederholungsstruktur des Rituals erscheint als gesellschaftliche Erinnerung, als soziales Gedächtnis. Der Maskentanz ist die Gleichzeitigkeit der Vergangenheit (der dargestellte Verstorbene) und Gegenwart (der Ausführende). (Weihe 2004: 274)

Sollte sich hier in symbolischer Form ein Abschiedsritual manifestiert haben? Den meisten Anwesenden wurde im fröhlichen Treiben der jungen Tänzer*innen diese Form des karnevalesken lebendigen Todes jedoch wohl kaum bewusst.

Um die Gedenkkultur ist es in Tschechien also unterschiedlich gut bestellt. In Karlovy Vary fehlte sogar eine einfache Form des Gedenkens an die jüngsten Todesfälle.

Regisseur Kadrnka geht davon aus, dass es der “Verlust der Spiritualität in der westlichen Kultur” sei, der dazu führe, dass “wir den Tod aus unserem Leben verdrängen und glauben, dass der rechte Weg sei, den Verlust der Nächsten schnell zu vergessen.”19 Tschechien gehört – zusammen mit Estland – zu den Ländern in Europa, in denen der Glaube an einen Gott die geringste Rolle spielt.20 Doch in Tschechien gibt es eine nationale Religion – und das ist der Sport.

Sport und Politik: Schwimmen mit und gegen Strom

Geblieben sind von Zatopek nicht nur diese Auszeichnung und seine
Medaillen, sondern auch ein oft zitierter Satz, der die Bodenhaftung
dieses Jahrhundertsportlers verdeutlicht. ‘Vogel fliegt, Fisch schwimmt,
Mensch läuft’, sagte Zatopek einst auf Deutsch fast entschuldigend über
seine Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die anfangs keine war.21

Sport spielt in Böhmen und Mähren seit dem 19. Jahrhundert eine herausragende Rolle. Sportlervereinigungen wurden – wie im Fall der Sokol-Turner*innen im Habsburger Reich, die über 570 Klubs zählten22 – zum Sammelbecken der Nationalbewegung im östlichen Europa.23 Die tschechischen Sokoln, die auf Breitensport und tschechisches Nationalbewusstsein setzten, waren von ähnlichen Ideen getragen wie die des deutschen Turnvater Jahn. Nicht umsonst wurden sie nach 1939 im Sudetenland und 1941 im Protektorat und dann nach dem kommunistischen Putsch 1948 verboten.

In den totalitären Systemen diente Sport auch als Ventil. Vielleicht hängt hiermit zusammen, dass das kleine Land viele Sportlerausnahmefiguren hervorgebracht hat – wie den mehrfachen Medaillengewinner Emil Zátopek oder die Tennisspielerin Martína Navrátilová, die 1975 in den USA politisches Asyl beantragte.

Sport war auch immer politisch, namentlich, wenn es sich um den Nationalsport Eishockey in der Nachkriegszeit handelt.24 Oder wenn Sportler öffentlich Schriftstücke unterschreiben, wie Emil Zátopek, der in Ondříčeks Film sowohl die Todessstrafe für Milada Horáková in der Zeitung Rudé Pravo guthieß, als auch später auch das dissidentische Manifest der 2000 Worte unterschrieb. Dort stand auch der Name der Gymnastin Věra Čáslavská. Und sie widerrief im Gegensatz zu vielen anderen ihre Unterschrift nicht. Sportlerinnen wie Čáslavská, aber auch Navrátilová waren mutige Frauen, die ihre Bekanntheit aufgrund der sportlichen Erfolge als Verpflichtung ansehen sich für Menschenrechte zu engagieren, seien es Bürgerrechte oder die Rechte Homosexueller. Möglicherweise waren es die sieben Goldmedaillen und der Titel “Weltsportlerin des Jahres 1967” und – mit Jackie Kennedy – “Frau des Jahres 1968”, die Čáslavská den Mut verliehen, sich gegen die Invasion im August 1968 zu stellen,25 was zu einem erzwungenem Ende ihrer Karriere führte. Als der Langstreckenläufer Zátopek 1968 politisch durchzublicken begann, war er bereits 46 Jahre alt. Čáslavská wurde bisher kein Spielfilm gewidmet, obwohl der Dokumentarfilm Věra 68 (Olga Sommerová, 2012, Tschechien) dafür bereits vor beinahe einem Jahrzehnt die Grundlage gelegt hat.

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Die Turnerin in Věra 68 (Olga Sommerová, 2012)

Sport ist immer relevant, wenn es um regionalen oder nationalen Stolz geht, und nicht nur, wenn gegen die UdSSR Hockey gespielt wurde. Ein gutes Beispiel ist der soziale und politische Charakter des Fußballspiels, jene “eingeschleppte englische Krankheit” wie sie die national gesinnten “Turner schalten.” (Egon Erwin Kisch)26

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Karel Poláček und die Erstausgabe seines Fußballromans Muži v ofsajdu (1931)

In der Tschechoslowakei widmete sich die Belletristik früh dem Thema Fußball. Von Klapperzahns Wunderelf / Klapzubova jedenáctka (1922), einer Erzählung „für große und kleine Jungen“ von Eduard Bass bis zum Roman Nanebevstoupení Lojzka Lapáčka ze Slezské Ostravy / Die Himmelfahrt des Lojzek Lapáček aus Schlesisch Ostrau (1973) von Ota Filip. Der erfolgreichste unter ihnen war Karel Poláček, der den ersten modernen Fußballroman geschrieben hat: Muži v ofsajdu / Männer im Abseits (1931); dieser Text, dessen Handlung sich um die Fußballmannschaften Slavia und Viktoria Žižkov dreht und sogleich von Svatopluk Innemann verfilmt wurde, erlangte in seiner Heimat Kultstatus.27

Es erstaunt kaum, wenn der Literaturwissenschaftler Andreas Kramer (2019: 214) feststellen muss, dass in der Literatur des Prager Expressionismus “der Fußball auf eine vorherrschend männliche Welt bezogen [ist], wobei die in den Texten entworfenen Männlichkeitsbilder und mythischen Rollenverteilungen (Helden, Krieger, Jäger) andere oder alternative Vorstellungen von Gender und Sexualität an den Rand drängen.” Dies scheint ganz allgemein für den Sport in diesem Land zu gelten.

Der fanatische Hang zur Leibesertüchtigung wie auch der extreme Spitzensport, der in der Epoche des reiferen Sozialismus begann, hat bis heute Ausläufer.28 In beiden Fällen handelte es sich, aus historischer Perspektive, um durch politisch bedingte Phänomene. Sportlererfolge wie auch klandestines Training sind – oft den Sportler*innen selbst nicht bewusst – als Alternative zu politischem und gesellschaftlichem Handeln zu verstehen. Sport wird zum Alibi.

Leider versäumte es der im Hauptwettbewerb laufende Film Zátopek diese Spezifiken des bewegten tschechoslowakischen Volkskörpers auszuloten. Hier läge auch dasjenige Element, was den Film für ein internationales Publikum interessant machen würde, nicht eine künstlich wirkende Einführung eines australischen Zátopek-Fans, der – obwohl ein hervorragender Läufer – nicht gewinnen kann. Zátopek, der mährische Gefühlsmensch, der selbst keine Kinder haben will, lehrt den protestantischen Australier seiner kleinen Tochter gegenüber seine Gefühle zu zeigen. Ob dies zu einem sportlichen Erfolg führt, bleibt unklar. Selbst das Drehbuch kann sich nicht entscheiden, ob es Zátopek zum Vorbild küren soll oder nicht.

Der Film Zátopek hält es auch nicht für nötig, dem jüngeren oder auch internationalen Publikum zu verdeutlichen, was es bedeutete, eine Sportler-Karriere als Bat’a-Arbeiter während der deutschen Besatzung zu beginnen. Die Perspektive auf Zátopeks (1922-2000) ‘Entdeckung’ und seine ersten sportlichen Erfolge im Protektorat ist unscharf – 1943 errang er in Prag anlässlich des Wettstreits Böhmen gegen Mähren seinen ersten Sieg über 1500 Meter. So erfahren wir nicht, warum der sportliche Schuster Emil 1945 aus einer Kommunistenfamilie in der Armee ‘landet’. Der Film versäumt es den – in der tschechoslowakischen Geschichte so bedeutsamen – Übergang von der Nazi- zur Nachkriegzeit zu markieren. Für David Ondříček, seine Drehbuchautoren und den Schauspieler Václav Neužil, ist Zátopek ein Einzelkämpfer, ein Wunderling, ein Nerd des Sports, der erst in den 1960er Jahren – mit vielen anderen Sportlern und Millionen von Tschechoslowaken29 – etwas politisches Bewusstsein entwickelt. Sie interpretieren die “tschechische Lokomotive” von ihrem eigenen Horizont aus, in dem Politik eine nachrangige Rolle spielt, und so entsteht ein unbeabsichtigt zwiespältiges Bild, das an das vor einigen Jahren gezeichnete neurasthenische Film-Porträt des Jan Masaryk (2016, Masaryk, von Julius Ševčík, Tschechien, Slowakei) erinnert. Beide Filme hatten in Tschechien Erfolg, schaffen es aber nicht über die Landesgrenze,30 auch wenn Zátopek im Oktober 2021 in den Wettbewerb um den internationalen Oscar 2022 geschickt wurde, wo er übrigens mit Radu Judes Berlinale-Gewinner von 2021, Dina Dumas Sestri (der englische Titel lautet Sisterhood) und Levan Koguashvilis Brighton 4th konkurriert (s.u.).31

Um Vieles glaubwürdiger ist die Figur von Zátopeks Frau Dana, gespielt von Marta Issová, der es zudem hervorragend gelingt, uns in die Nachkriegsjahrzehnte zurückzuversetzen. Die Journalistin Barbora Tachecí weist darauf hin, dass Dana aus einer Familie stammte, die während des Zweiten Weltkriegs die tschechoslowakische Exilregierung in London unterstützte32 – und meint, dass der Film unter dem Titel Zátopkovi (Die Zátopeks) als Geschichte des Paars besser gelungen wäre. Dem ist zuzustimmen, da hier Emils kommunistischer Familie jene demokratische Tradition entgegengesetzt worden wäre, die Dana vertritt, als sie ihren als Naivling hingestellten Mann davor warnt, in London für den tschechoslowakischen Sicherheitsdienst Fotos zu machen. So hätte der Film eine historische Tiefendimension erhalten, wie wir sie aus den besten tschechoslowakischen Filmen kennen. Stattdessen wird das halbfiktionale Treffen mit dem australischen Läufer eingeführt, dessen historischer Besuch in Prag um zwei Jahre verschoben wird. Die Beziehung zwischen Mentor Zátopek und Ron Clarke geht jedoch auf Kosten der Leinwandzeit, die der politischen Bedeutung der Beziehung zwischen den Eheleuten gewidmet hätte können.

Wie bereits im Fall von Masaryk liegt die Schwäche in einem Drehbuch, dem es nicht gelingt, über ein Biopic, in dem Kostüme und die perfekt erstellten Farben der Zeit die führende Rolle spielen, hinauszukommen.33 Entsprechend wird in der tschechischen Presse in erster Linie über das Zátopek-Casting debattiert oder über die Frage, ob nach seinem Training die Waden des Schauspielers denen des Sportlers ähneln. Und dies tun sie – doch ist eine solche Form des mimetischen Realismus keine Garantie für das Erfassen des Phänomens Zátopek.

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Der historische (Herbert Schade, Alain Mimoun, Emil Zátopek 24.07.1952, Fotograf ungenannt (https://www.urheilumuseo.fi/) und der fiktive Zátopek (Poster mit dem doppelter Länge auf dem a)

Ein tschechischer Kritiker beschrieb Zátopek als jemanden, der sich ausnützen ließ, aber auch frühere Entscheidungen widerrief. Gehört Zátopek, der sich immer aus schwierigen Situationen herauswindet, also zum Typus Švejk, wie es Jindřiška Bláhová nahelegt (“Die Distanz zur Politik entspricht der Darstellung von Zátopek als eine Art tschechischen Forrest Gump mit einer Prise von Schwejktum.”)?34 Zátopek ist jedoch 1948, als er seine erste olympische Medaille in London gewann, anders als der Offiziersbursche Švejk selbst ein Offizier.35 Als Leutnant trägt Zátopek um einiges mehr an Verantwortung. Der Eindruck dieser Legende des tschechoslowakischen Sports ist – hier nehme ich den Spleen der zwei diakritischen Zeichen über dem a in Zátopek auf – zwiespältig: als Mensch, als Ehemann und als Bürger.

In zahlreichen Filmen der 55. Edition sehen wir Schwimmerinnen – in der Docufiction über das kanadische Frauen-Schwimmteam in Tokyo in der Nadia, Butterfly von Pascal Plante (Kanada, 2020) ist dies das Hauptthema. Der Film handelt von Nadias freiwilligem vorzeitigen Beenden ihre Karriere. Im Film wird diskutiert, ob Schwimmer*innen per definitionem Einzelgänger*innen sind. Auch die Psychologie-Doktorandin (Eliška Křenková) springt immer wieder mutig in mährische Gewässer. Am Ende des in Brno gedrehten Films Marťanské lodě / Mars-Schiffe (2021, Jan Foukal, Tschechien, Norwegen) ist die fragile Frau jedoch nicht zu retten.

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Aus der Pressemappe des Films Sestri (Film Servis Festival Karlovy Vary)

In dem Film Sestri / Schwestern (2021, Nordmazedonien, Kosovo, Montenegro) ist Schwimmen ein Motiv, das die Filmhandlung von Anfang – dem Sprung vom Felsen als eine durch peer pressure erzwungene Mutprobe – bis zum Ende sowohl visuell als auch semantisch trägt. Sestri thematisiert – wie auch Radu Judes Babardeală cu bucluc sau porno balamuc – wie kompromittierende Videos im Internet zu einer Waffe werden können. Das gefilmte Mädchen, übrigens kein Mitglied im Schwimmverein, wird angegriffen und ertrinkt. Als könnte man nur als Schwimmerin die Teenagerjahre überleben… Dina Dumas Sestri ist eines der zahlreichen in Karlovy Vary vorgelegten Film-Porträts junger Menschen, deren Verwundbarkeit auf eine ‘unvollständige’ Familie und die damit verbundene ökonomisch-soziale Benachteiligung zurückgeführt werden kann.

Eine ähnliche Konstellation des Sohns einer überforderten Mutter findet sich in Otars Tod. Beide Filme erzählen Geschichten der Verwicklung von Unschuldigen in eine Tötung.

Herausragendes aus Georgien – und Georgisches aus Brooklyn, New York

Die georgisch-deutsch-litauische Koproduktion Otar’s Death/ Otars Tod (2021, Georgien, BRD, Litauen) von Ioseb (Soso) Bliadze erhielt den FEDEORA-Preis der europäischen Filmkritiker für den besten Film in der Sektion „Östlich vom Westen.“ Otar’s Death – angekündigt als tragicomedy about an accident and a bribe” – ist eine beeindruckende Leistung eines jungen internationalen Teams, voller absurder Überraschungen und poetischer Szenen. Elmar Imanovs Drehbuch hat eine surrealistisch-unerbittliche Logik, die offensichtlich dem stets fruchtbaren georgischen Filmboden wie auch literarischer Bildung entsprungen ist. Ein Unfall bei der Rückkehr von einem Badeausflug erweist sich als Prüfung für alle Beteiligten. Nur ein Toter kann offenbaren, was die Lebenden im Schilde führen – ich fühlte mich an Gogol’s Roman über die toten Seelen erinnert.

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Pressemappe Otars Tod (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Otars Tod verfährt grausam mit seinen Figuren, v.a. den weiblichen. Alle Schuld wird Frauen zugeschrieben, die als Mütter ihre Söhne vernachlässigen, gängeln, ausnutzen oder als Freundinnen unschuldige Knaben manipulieren. Doch Otars Tod ist – wenn man von der (unterschwellig?) misogynen Struktur absieht – ein filmischer Beitrag, der beachtliches Talent zeigt. Auf das Team um Bliadze darf man noch gespannt sein. Schließlich ist der “East of the West”-Wettbewerb ein Preis für den Nachwuchs (Debüts und zweite Filme).

Was der gut konstruierten Tragödie Otars Tod fehlt, ist jene Menschlichkeit, die den anderen georgischen Beitrag durchdringt, Brighton 4th36 (2021, Levan Koguashvili, Georgien, Russland, USA, Bulgarien Monaco). Beide georgischen Filme handeln von Schulden und materieller Not (in New Yorks Brighton Beach sind sie größer und gefährlicher als in Tbilisi) und der verblassenden Bedeutung von Familie; jedoch führt in Brighton 4th die ausweglose Situation des dem Glücksspiel verfallenen Sohns zu einem heroischen Opfergang des Vaters (gespielt von dem ehemaligen Ringer Levan Tediashvili) für seinen Sohn Soso (Georgy Tabidze), der diesen zu seiner Mutter nach Georgien zurückbringt. Angesichts seines letztes Ringens auf dem amerikanischen Strand wird auch die Geldforderung der Greencard-Braut seines Sohns (gespielt von Nadežda Michalkova) gegenstandslos. Während Otars Tod die Geldgier der (Groß)Mütter – an der Bahre des nicht ganz toten Otar – gegeneinander ausspielt, ist das Opfer des Vaters in Brighton 4th real und keineswegs vergeblich. Der Film singt das Hohelied der selbstlosen Liebe, wie sie Eltern gegenüber ihren Kindern nachgesagt wird. Wäre dieser Film nicht schon auf dem New Yorker Tribeca-Festival im Juni 2021 mehrfach ausgezeichnet worden, hätte er in Karlovy Vary Chancen auf einen Preis gehabt.

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Vater und Sohn in Brighton Beach – Brighton 4th (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Einbruch der Fiktionen in die Realität der Familie und der Grand Prix

Bez rodiny se člověk chvěje zimou v nekonečném vesmíru.../ Ohne
Familie zittert der Mensch vor Kälte im grenzenlosen Weltall”
(Gezwitscher aus Atlas ptáků /Vogelatlas)

Das Festival schien dieses Jahr einen Schwerpunkt auf Filme über Familien zu legen, die als unvollständig oder zerbrochen empfunden werden. Immer wieder spielte auch eine fiktive Welt eine Rolle, die bösartig in das reale Leben eingriff; sei es eine kleine, temporäre Lüge – oder aber eine große, ein für die Anderen gespieltes Theater oder die Flucht in die verlockende Alternative einer virtuellen Welt, in der das stattfindet, wofür Familie steht: Liebe, Vertrauen, Solidarität, Kontinuität, und, nicht zu unterschätzen, gemeinsame wirtschaftliche Interessen. Als dramaturgisch durchdachte Krönung des Familienfilm-Genres gab es am letzten Abend im Großen Saal das einschlägige Drama The Nest / Alles zu haben ist nie genug (2020, Sean Durkin, UK, Kanada) mit Jude Law37 als einem seine in den USA lebende Familie ins Unglück des britischen Landlebens reissenden Hochstapler. Der Film hatte drei Monate vor dem Brexit Premiere. Anders als in den ost- und mitteleuropäischen Filmen werden in The Nest die Familienmitglieder geprüft, aber verschont, und die Patchworkfamilie findet sich am Schluss gemeinsam als Interessengemeinschaft auf einem neuen Niveau um den Küchentisch wieder – sterben muss allein das kurz nach der Ankunft dazugestoßene, von der Ehefrau innig geliebte Pferd. Im Hinblick auf den tragischen Ausgang anderer Familienschicksale der Ära 2020/21 ein bitteres, aber doch ein Happy End.

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Filmposter Atlas ptáků

In einigen dieser (Anti-)Familienfilme haben sich die Generationen so weit voneinander entfernt, dass ihre Beziehungen kriminelle Formen annehmen. In Atlas ptáků / Vogelatlas (2021, Olmo Omerzu, Tschechien, Slowenien, Slowakei)38 wird der Witwer Ivo Róna ((Miroslav Donutil), Eigentümer der Firma “Aron” von seiner Buchhalterin (Alena Mihulová) mit Hilfe ihres in jeder Hinsicht fiktiven Facebook-Freunds um das in der Firma steckende Vermögen (der Familie Róna) betrogen. Die alleinerziehende Mutter war in der Vergangenheit seine Geliebte, wobei der Vater ihrer Teenager-Tochter, die oft als einzige Figur im Film Verständnis für den Chef ihrer Mutter zeigt, ungenannt bleibt – schließlich ist sie die einzige, die nicht auf ein Erbe hofft. Doch der Film legt nahe, dass es hier nicht nur um die gefühlt gerechte Rache einer gekränkten buchhaltenden Geliebten geht, sondern dass der eigentliche Betrug auf Seiten der Kinder des Patriarchen stattfindet, die entweder des Vaters Firma nach China verhökern oder aber die gestohlene Identität eines in Afghanistan kämpfenden amerikanischen Soldaten verwenden, um so über die Buchhalterin an das Geld ihres Vater zu kommen. Der Titel des Films, Atlas ptáků, ist vieldeutig: mit den Vögeln sind sowohl die Frauen in Rónas Leben gemeint, wie auch reale Vögel, die Untergangsbotschaften zwitschern – um nicht zu sagen twittern, denn es handelt sich meist um Sentenzen, die in der Länge von Tweets in kursiver Schrift auf der Leinwand erscheinen. Atlas ptáků hat also ähnlich wie Schraders Film First Reformed das ökologische Thema als apokalpytische Vision im Hintergrund. Während First Reformed sich zu einer kosmisch getönten Liebesgeschichte wandelt, die durch den Tod des Ehepartners ermöglicht wird, setzt der tschechische Film um einige Jahre später ein, und erzählt die Geschichte der Folgen der gescheiterten Liebe des Witwers parallel zum Zerfall der Familie.

Die Grundsituation ist ähnlich wie im Film Bliscy / Die Nächsten (2020, Grzegorz Jaroszuk, Polen), in dem ein Mann (Olaf Lubaszenko) mit Hilfe seiner Firma die Wahrheit über die Krankheit und den Tod seiner Frau in der eigenen Familie verleugnet, da er sie seinen Kindern nicht zutrauen kann oder will. In beiden Fällen ist der Tod der Frau Auslöser und Grundlage für das problematische Verhalten des Witwers und seiner Sprösslinge, das zu abstrusen Verwicklungen führt. Jaroszuk verleiht seinem Film zudem eine in der polnischen literarischen Tradition stehende Prise Absurdismus.

Beidesmal realisieren die absurden Fiktionen ein eigenes bis ins kleinste Detail ausgestaltetes ‘Leben’, das scheinbar von einer Gemeinschaft bezeugt wird (auch wenn es nur eine Schein-Community in Facebook ist). Diese alternative Welt jedoch drückt soziale oder menschliche Probleme der Gegenwart aus: Die Ausbeutung von Liebeshunger durch die schalen Umarmungen der virtuellen Welt und die Verarmung durch Verschuldung. Beide Direktoren sind alleinstehend, beide von ihrem Nachwuchs entfremdet, beide ‘mit ihrer Firma verheiratet’. Je höher der Einsatz, desto krimineller die Energie der entfremdeten Erben.

Der Slowene Omerzu ebenso wie der Pole Jaroszuk zeigen die Distanz der Kinder von ihren Eltern vor dem Hintergrund von Reichtum oder zumindest bürgerlichem Wohlstand. Atlas ptáků und Bliscy sind gesellschaftskritisch, wenn sie zeigen, dass in der postsozialistischen Gesellschaft das grundlegende Bindemittel zwischen den Generationen verlorengegangen sind. Es sind nicht die Kinder, die gegeneinander um die Nachfolge oder die Liebe des Vaters kämpfen, sondern es ist eine Schlacht der Generationen.

Der Film Bliscy erzählt nicht, warum der Vater den Kindern nicht sagen kann, dass ihre Mutter schwer krank ist. Doch da die Kinder physisch nicht anwesend sind, wird – quasi unbemerkt – die Firma zur Ersatzfamilie des Vaters. Diese neue Familie funktioniert hervorragend, sie spielt für den geliebten Chef sogar die Farce einer angeblich dem Glücksspiel verfallenden Mutter, die jedoch zugleich der gesamten Nachbarschaft Geld leiht. Auch in dieser paradoxen Fantasie der Frau des Firmenchefs als einer Übermutter, die karitativ, ja, politisch handelt, verbirgt sich die Infragestellung des postsozialistischen Neoliberalismus, der in manchen Bereichen tief klaffende Lücken aufweist, die der Gesetzgeber nicht geschlossen hat. Aufgerufen werden hier zwei Geißeln vieler osteuropäischer Ländern: das Glücksspiel und die Kredite, denen viele der ‘kleinen’ Leute verfallen oder unter denen sie in der Form von Inkasso-Unternehmen zu leiden haben.

Eine Kritik auf der tschecho-slowakischen Filmdatenbank ČSFD kommt zu dem Schluss, dass der Unternehmer Róna in Atlas ptáků seine Familie wie eine Firma behandelt und umgekehrt.39 Diese Aussage erinnert an die griffigen Losungen von Trump oder Babiš, die meinten, einen Staat wie ein Unternehmen führen zu können.40 Das Modell Familie=Firma=Staat führt nicht nur zur Vetternwirtschaft, sondern auch zur Diktatur. Nicht alle machen hier mit, so etwa wehrte sich im September 2021 der Sohn des Premiers, Andrej Babiš Jr., auf einer Wahlkampfveranstaltung im nordböhmischen Ústí öffentlich gegen seine Vereinnahmung durch die ‘Firma’ seines Vaters.41 Ivo Róna und seine Familie erinnern zudem an Logan Roy und seine Kinder in der die HBO-Serie Succession (ab 2018, Jesse Armstrong, USA​​).

Den Grand Prix des Hauptbewerbs gewonnen hat jedoch nicht der kühl konstruierte Atlas ptáků, sondern ein Film voller Emotionen, Strahinja Banović / As Far as I Can Walk / Der Falke (Serbien, Frankreich, Luxemburg, Bulgarien, Litauen, 2021) des serbischen Regisseurs Stefan Arsenijević. Im serbischen mittelalterlichen Epos kämpft Strahinja Banović – dem seine Frau geraubt wird – gegen die Fremdherrschaft des Osmanischen Reichs, der Strahinja von heute kommt aus Ghana.

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Preise für Kamerafrau Jelena Stanković, Regisseur Stefan Arsenijević und Darsteller Ibrahim Koma

Der Film mit dem preisgekrönten Hauptdarsteller Ibrahim Koma und der Kamerafrau Jelena Stanković, hätte eine eigene Rezension verdient.42 Einstweilen muss ein Trailer genügen:Strahinja Banović (As Far as I Can Walk) | 2021 | Trailer | Artbox Production House.

Ich erlaube mir daher ein längeres Zitat aus der Rezension von Vladan Petkovic (Cineuropa):

The story is loosely based on a famous Serbian epic folk poem, Banović Strahinja, which is also the original title of the film, and the name of the main character. But here's the catch: Strahinja [...] is a migrant from Ghana, one of thousands who ended up in Belgrade refugee camps after attempting to cross into the EU. [...] Having submitted their asylum papers to the Serbian authorities after being deported back from Germany, the pair has apparently settled in Belgrade. Strahinja believes life in Serbia is not such a bad option, has learned the language and hopes to get selected for a local football team. This actually works out, but after a night of celebrations, Strahinja returns to find his wife missing. He learns she has suddenly left with two Syrians for Hungary. [...] Nothing will stop Strahinja from finding his wife, not even the fact that he will lose his right to asylum as he has left the country. The film takes place in autumn or winter, and as such, the colours are muted, leaning towards greys and browns. Belgrade itself does not figure prominently in the feature: instead, DoP Jelena Stanković's camera depicts the refugee camp as a rugged, poorly equipped place, but clean enough and managed responsibly. When Strahinja gets on the road and is forced to trudge on foot through the Hungarian countryside, sleeping in a deserted mansion in the middle of nowhere, Stanković's camera follows him from the back, implying the lengths the man is determined to go to to find his wife.

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Ibrahim Koma schwenkt den Grand Prix, Stefan Arsenijević, Produzent Miroslav Mogorović

Crowdsourcing der Erinnerung an den 21. August. Found Footage, Oral und Visual History in Jan Šikls Rekonstruktion der Besetzung

Der Dokumentarfilm Rekonstrukce okupace, der am 21.08.21 – am Jahrestag des Einmarschs der Truppen des Warschauer Pakts seine Premiere hatte, war ein tschechisches Ereignis nationaler Tragweite. Entsprechend emotional fiel das Gespräch im Kongreßsaal aus, in dem sich zahlreiche Zuschauer*Innen zu Wort meldeten, um dem Regisseur Jan Šikl und seiner Produzentin Alice Tabery zu danken. Ausschnitte aus dem Dokumentarfilm findet man auf der Webseite des Tschechischen Fernsehens: “Útržky paměti jednotlivých postav filmu skládají obraz okupace Československa v roce 1968. A také toho, co v nás tento okamžik zanechal.” (“Die Erinnerungsbruchstücke der einzelnen Figuren des Films fügen sich zu einem Bild der Besetzung der Tschechoslowakei im Jahr 1968 zusammen. Und auch, was dieser Moment in uns hinterlassen hat.”)

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Rekonstrukce okupace (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Martin Horyna, Mitglied des Festival-Programm-Teams, beschreibt Šikls Projekt folgendermaßen:

Documentary filmmaker Jan Šikl has spent many years seeking out and collecting private film archives. Faded footage of family lives, celluloid echoes of celebrations and everyday moments. Through his work, Šikl came across several hours of footage showing the Warsaw Pact invasion of Czechoslovakia. These unique images long remained unseen – until August 21, 2021, when historical memory awakened from a long slumber. Reconstruction of Occupation is a cinematic adventure of a truly archeological nature in which anonymous faces are transformed into living witnesses of the days that sent Czechoslovakia into two more decades of bondage.

Im Film folgen wir Šikl, wie er nicht nur Amateurfilmer aufsucht, sondern auch verschiedene Augenzeugen und Zeitgenossen zu Hause besuchen kann – jene, die sich nach der Besetzung angepasst und “kollaboriert” (Šikl) haben und die anderen, die ihre Arbeit verloren oder gar ins Bergwerk mussten. Mit Hilfe einer Webseite, auf der er Filmausschnitte vom tschechoslowakischen Sommer 1968 veröffentlichte, bat Šikl Personen, die sich auf dem Filmmaterial erkannten bzw. ihre Familien, ihm zu schreiben. Dies hatte einen Schneeballeffekt, da sich nicht nur um die 1000 Menschen bei Šikl meldeten, sondern auch weitere Filmaufnahmen aus den Jahren 1968 und 1969 beim Regisseur eintrafen. Aufgrund der ungewöhnlichen Kombination nicht nur von verschiedenen Filmquellen, sondern auch des Zugangs zu den denselben habe ich mich entschlossen, mit dem Regisseur ein Interview für Apparatus zu führen.

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Jan Šikl in conversation with Natascha Drubek @KVIFF, 22-8-2021

Das Einzige, was ich dem Film vorhalten könnte, wären Bemerkungen historischer Art. So ist immer die Rede vom Einmarsch “der Russen”, was in zweierlei Hinsicht nicht richtig ist, auch wenn es die Rede des Volksmunds wiedergibt. Erstens bestand die Rote Armee nicht nur aus Russen, sondern in ihr mussten viele verschiedene Völker der Sowjetunion dienen. Zweitens waren im August auch andere Truppen des Warschauer Pakts einmarschiert, was in einer Erwähnung von polnischen Fallschirmspringern zwar erwähnt, aber nicht kontextualisiert wird.

Vermisst habe ich in dieser Festivaledition den Dokumentarfilm KDO JINÉMU JÁMU Rudolf Slánský / WER ANDEREN EINE GRUBE...Rudolf Slánský (2020) von Martin Vadas. Gewöhnlich werden die wichtigsten tschechischen Filme auf jedem Festival in Karlovy Vary zugänglich gemacht. Er handelt von dem Justizmord an dem Kommunisten Slánský und verwendet 2018 entdecktes audiovisuelles Material, das vom Prozess im Jahr 1952 gemacht wurde.

Šikls Dokumentarfilm erfüllte mit Hoffnung, dass sich die politische Geschicke zum Besseren wenden können. Doch war dies im August 2021 noch ungewiss.

Koloniale Biopolitik im Film Der Russe: Ausrottung, imperiale Eugenik und der lokale "Fürst"

Dem jakutischen Regisseur Vladimir Munkuev ist mit Nuučča / Der Russe (2021, Russische Föderation) eine in jeder Hinsicht überzeugende Darstellung des Prozesses von Kolonisierung gelungen. Die Sprache, die wir überwiegend hören, ist indigen, die Ausmaße der Unterdrückung sind dramatisch, die visuelle Form der Erzählung in ihrer Einbeziehung der Natur episch.

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Vladimir Munkuev (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Das Russische Reich kolonisiert Jakutien (Sacha), der jakutische Fürst schickt seine Underdogs, um Gebiete zu besiedeln, in denen weder Menschen noch Tiere leben. Doch dem nicht genug: Das russische Zentrum schickt Unliebsame und Verbrecher in die Verbannung nach Jakutien, auch um dort den russischen Samen zu auszustreuen, mittels “Eugenik”43 zu kolonisieren.

Dass das jakutische Paar keine Kinder mehr haben kann, mag Zufall sein oder die Folge der Unterernährung, jedoch ist es kein Zufall, dass der jakutische Fürst einen jungen Russen an den Ort des verzweifelten Hungers schickt, um dem Jakuten seine junge Frau wegzunehmen. Nur “der Russe” kann Lehmhütten bauen, den Boden urbar machen, nur er kann Fische fangen. Und nur er wird der jungen Frau eine solche Gewalt antun, dass sie danach nicht mehr leben will. An diesem Punkt scheitert das biopolitische Projekt der Kolonialisierung durch sexuelle Gewalt. Noch komplexer wird der Film durch das Casting “des Russen,” der nicht wie ein Krimineller aussieht, sondern ein politischer Häftling. Mit seiner hohen schlanken Gestalt, seinem Eyelight-Blick und seinem Bart erinnert er an Christusdarstellungen – die Fische, die er fängt, werden zum Symbol der Christianierung des ‘Naturvolkes’, das sich noch in einem Zwischenreich des sog. Dvoeverie (Doppelglauben) befindet, den Schamanen anruft, wenn Tiere und Fische als Nahrungsquelle ausbleiben. So entschließt sich die Mutter des Fürsten, eine bereits getaufte Greisin, nach Sitte ihrer Großmütter den Zeitpunkt ihres Todes selbst zu bestimmen: Sie wird in Schmuck, Pelz und ihr Gesicht in blutige Tierhaut gehüllt, bevor sie freiwillig in ihr Grab steigt.

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Die weibliche Hauptfigur in Nuučča (Film Servis Festival Karlovy Vary)

Der Film beginnt mit dem Ausheben eines Grabs für ein am Hunger gestorbenes Kind, neben seinem Geschwisterchen. Später stirbt auch die Mutter, wobei es in diesem Film eben um Widerstand und Integrität der Bewohnerinnen Jakutiens geht. Während ihre Männer kollaborieren, gehen die Frauen zugrunde. Munkuev schildert den unbarmherzigen Prozess der Kolonisierung im 19. Jahrhundert als Aushungern, der Vertreibung und Vergewaltigung. Erzählt wird nahe an der Perspektive der Jakutin – ihr Schicksal ist, was uns bewegt. Diese Nähe verschafft dem Film die literarischen Qualitäten des russischen Realismus, wobei diese Hybridität, die aus demokratisch-liberalem Denken im Russischen Reich und der Sacha-Identität entsteht, eine eingehende Untersuchung verdient.

Bemerkenswerterweise stammt die Vorlage für den Film weder aus der Feder eines russischen noch eines jakutischen Autors, sondern geht auf ein anderes Subjekt des Zaren zurück, den polnischen Schriftsteller und Ethnographen Wacław Sieroszewski (1858–1945 in Masowien). Dieser war aufgrund seiner Beteiligung an der Arbeiterbewegung als junger Mann für 15 Jahre nach Sibirien in die Verbannung geschickt worden, wo er paläosibirische Völker, die Sacha, Tschuktschen (Ḷygʺoravètḷʹèt), Tungusen und Ewenken studierte. Sein Wirken steht für die demokratische Denkweise im Russischen Imperium, wie sie sich im inoffiziellen Mottos Polens “Für unsere und eure Freiheit” (Za naszą i waszą wolność) ausdrückt, das Sieroszewski im Kontext der Revolution von 1905 in Moskau wiederholt.

Der Film ist deshalb von solch überragender Bedeutung, da er in seiner Handlung wie auch der Melancholie der unfruchtbar gemachten Natur von Sacha zeigt, wie die koloniale Eroberung ab dem 17. Jahrhundert, ja die Vernichtung indigener Menschen und ihrer Kultur von außen und innen bewerkstelligt wurde. Es ist eine Parabel des Genozids und nicht nur von historischer Relevanz, auf das Zarenreich beschränkt. Nuučča ist ein universal gültiger Film, glaubhaft gemacht mit einer ‘lokalen’ – jakutischen Volksbräuchen aufmerksam entgegengebrachten – Sorgfalt und in vollem Bewusstsein der andauernden Kolonialität.

Filmkunst und (post-)pandemische Welt

Es ist die auf diesem Festival präsentierte Filmkunst, die das Schweigen der Öffentlichkeit über die Ängste der Menschen in vielen Ländern brechen kann – und deshalb war es geradezu therapeutisch, dass zahlreiche Filme uns mit dem Körper in extremis, auch seinen Schattenseiten, konfrontierten: Leistungssport, Totschlag, im Internet veröffentlichtem Sex, kranken und sterbenden Körpern.

In den Filmen von Bliadze, Kadrnka und Omerzu geht es um einen (Schein-)Toten oder einen, der weiß, dass er bald sterben wird. Es mag kaum erstaunen, dass es der Vater ist, oder eine Vaterfigur, der Patriarch. Wenn Filmhistoriker einst zurückblicken werden auf die Epoche von COVID-19, wird man Filme suchen, die sie ästhetisch wie auch medizinisch-philosophisch und emotional repräsentieren. Unter den tschechischen Filmen des Jahres 2021 wird die Zukunft nicht dem heute in Tschechien so populären Zátopek, sondern Filmen wie Zpráva o záchraně mrtvého gehören.

Natascha Drubek
Chefredakteurin, Apparatus
drubek@zedat.fu-berlin.de

Acknowledgement

Ich danke meinen ersten Lesern: Alexander Schwarz, Hana Filip und Parthena Sidiropoulou.

Notes

1 Jiří Bartoška, “V čem je pro nás letošní ročník nový. Rozhovor s prezidentem,” in: Právo, Sonderausgabe zum Festival Nr. 55, S. 6. Vgl. auch die Bekanntgabe am 11.05.2021, die Enthüllung des Festival-Logos (laut Aleš Najbrt “die Zahl 55 als zwei Augen im dunklen Kinosaal nach der langen Pause”) und den Ausdruck einer Hoffnung auf “Durchseuchung und -impfung bis August”: “V srpnu bude promořeno a proočkováno, věří prezident festivalu Bartoška”https://www.idnes.cz/kultura/film-televize/55-festival-karlovy-vary-jiri-bartoska-lubomir-zaoralek.A210511_091759_filmvideo_spm [01.10.2021].

2 Vgl. hierzu die Kritik durch die Machonin-Enkel auf der Seite Respekt Madam, und den Versuch, durch einen Film auf die Problematik aufmerksam zu machen: https://www.greyscape.com/hotel-thermal-brutal-neglect/ bzw. hier das britisch-tschechische Crowd-Sourcing-Projekt dazu, mit zahlreichen Bildern: https://www.kickstarter.com/projects/1522401933/brutal-neglect-short-film/ [01.09.2021].

3 Im Vergleich dazu hatte die historische Halle I des Berliner Zoo Palasts 1070 Plätze, heute zählt der größte Berliner Saal am Zoo nicht einmal 800 Sitze.

4 Laut Andrej Babiš: https://www.seznamzpravy.cz/clanek/primy-prenos-jak-se-zmeni-karlovarsky-hotel-thermal-78100 [01.09.2021] Pool und Hotel Thermal gehören dem tschechischen Staat, verwaltet und renoviert werden sie durch das Finanzministerium in Form der Aktiengesellschaft Termal-F. Solche Schwächen, die während des Filmfestivals offenbar wurden, sind jedoch eher nicht Karlovy Vary zuzuschreiben, sondern der Regierung in Prag, die das Bad Jahre lang verwahrlosen ließ.

5 Jiří Bartoška, “V čem je pro nás letošní ročník nový. Rozhovor s prezidentem”. In: Právo, Sonderausgabe zum Festival Nr. 55, S. 6.

6 Ohne Maske zeigte sich auch der Gesundheitsminister Adam Vojtěch (Michaela Rambousková, “Hvězdy ve Varech porušily covidová pravidla. Pod ‘dohledem’ ministra Vojtěcha”. 21.08.2021. Online: https://www.seznamzpravy.cz/clanek/hvezdy-ve-varech-porusily-covidova-pravidla-pod-dohledem-ministra-vojtecha-172875 [01.09.2021])

7 “Sein Vater, Eugen Straussler, war Betriebsarzt in der Schuhfabrik Bata.” https://www.munzinger.de/search/portrait/Sir+Tom+Stoppard/0/19643.html [01.10.2021]

8 Depp wirkte nicht immer nicht ganz präsent. Dies mag entweder an seinem im August eine weitere Etappe erreicht habenden Rechtsstreit mit seiner ehemaligen Frau oder einem der diesjährigen Festival-Sponsoren gelegen haben, Plzeňský Prazdroj / Pilsner Urquell. Dem Getränk – das mit weichen westböhmischen Wasser gebraut wird – kann man nur schwer widerstehen. Entsprechend gab es einige Bierreferenzen vor der Premiere von Shane, dem Film über den irischen Punk-Poeten, der sich ohne ein Pint weigerte, die Fragen, die ihm Produzent Johnny im gleichnamigen Film stellte, zu beantworten.

9 “Během koronavirové krize se veřejnost začala zajímat o etické otázky medicíny. Na povrch se tak dostalo téma rezonující poslední desetiletí lékařskými kuloáry. Téma, jemuž se intenzivně věnuji dva roky ve svém vznikajícím filmu o paliativní péči. Díky moderní medicíně a technologickému pokroku můžeme pacienta udržovat při životě téměř donekonečna. Kdy je možné přestat? Jako by koronakrize obtáhla kontury témat našeho filmu.” (Adéla Komrzý, Jednotka intenzivního života. 29.06.21. Online: https://www.dokrevue.cz/clanky/jednotka-intenzivniho-zivota) [01.09.2021]

10 “​​Europas Länder machen die Schotten dicht”. 12.03.2020. https://www.dw.com/de/europas-l%C3%A4nder-machen-die-schotten-dicht/a-52745492 [1.09.2021]

11 https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/tschechien/. In einigen Ländern wie Russland, aber auch den Niederlanden, ist die offizielle Zahl der Toten, die nicht als COVID-19-Todesfälle registriert wurden, vermutlich nicht korrekt. Realistische Zahlen lassen sich aus der Übersterblichkeitsstatistik ableiten.

12 Der Tanz in bunten Kostümen und 1970er Schlaghosen wirkte frivol.

13 https://tn.nova.cz/zpravodajstvi/clanek/429582-rok-s-koronavirem-o-tyto-osobnosti-nas-pripravila-zakerna-nemoc. Der slowakische Schaupieler Štefan Kožka (11.08.1954–14.12.2020) sandte kurz vor seinem Tod im Dorf Rajka (Ungarn) eine Videowarnung an alle Corona-Leugner: https://tn.nova.cz/zpravodajstvi/clanek/424100-znamy-herec-zemrel-na-covid-kratce-pred-smrti-poslal-vzkaz-popiracum [01.09.2021].

14 Der greise Miloš Forman zertrümmert seine Tabletten mit ihr, Věra Chytilová repariert sie mit Tesafilm, Andy Garcia demoliert mit dem schweren Teil ein Türschloss, Jude Law montiert die abgesägte Figur auf die Kühlerhaube seines Rolls Royce, Casey Affleck versucht sie vergeblich zu verpfänden, John Malkovitch fragt sich im Dialog mit einem New Yorker Taxifahrer, ob dieser Preis das Ende seiner Karriere bedeute, der schwerhörige Schauspieler Josef Somr weigert sich, den Preis anzunehmen, da er den Präsidenten des Festivals, J. Bartoška, der ihm gemeinsam mit der langjährigen künstlerischen Leiterin Eva Zaoralová anruft, am Telefon für einen Hausierer hält. Auch ein bereits toter Regisseur kann Gegenstand eines Trailers werden: vom Grab des Regisseurs Otakar Vávra wird die Figur entwendet und als Kerzenhalter auf einer anderen Grabstelle eingesetzt. Hier finden sich alle Trailer seit 1995: https://www.ceskatelevize.cz/porady/10000000261-mff-karlovy-vary-2016/10441-znelky-mff-kv/28026-31-mff-1996/ [01.09.2021].

15 Zahl der Toten nach Staaten im Zweiten Weltkrieg 1939-1945. 13.09.2021. Online:​​https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1055110/umfrage/zahl-der-toten-nach-staaten-im-zweiten-weltkrieg/ [01.09.2021]

16 Karel Och, “Children’s Upbringing and four Czech footprints,” Právo, Sonderausgabe zum Festival Nr. 55, S. 4.

17 Originalzitat:„´Tématem je rodina, v níž jeden člen absentuje a někdo ho hledá,’ vysvětluje spojitosti Kadrnka. ‘Ty filmy si jsou velmi blízké i formálně, například podobnou prací s prostorem, který odráží stavy postav. Ve všech třech snímcích také do značné míry chybí domov. A všechny jsou svého druhu road movie: ve Zprávě se bloudí a hledá po chodbách nemocnice.’ Kadrnka chce podle svých slov svým novým filmem ukázat mimo jiné to, že se člověk nemá nikdy vzdávat a že i zdánlivě nesmyslné věci smysl mají. Mluví tím jak o situaci s otcem v kómatu, která stála u prvopočátku snímku, tak i o jeho komplikovaném vzniku.” (Vojtěch Rynda 2020)

18 In einem anderen Zusammenhang habe ich die Maske als Instrument der Macht erforscht (“Maske als Motiv wie auch als poetologische Metapher ebenso wie als reales Verfahren der biographischen Dissimulatio”). Der Maskenträger ist außerhalb der Theaterbühne als homo duplex (Doppelmensch) “teils ‘Schurke’, teils ‘Held.” (Drubek 2017: 474)

19 Právo, Sonderausgabe zum Festival Nr. 55, S. 14. Kadrnka – geboren 1973 im mährischen Gottwaldov – erhielt für seinen Film Křižáček (2017) den Kristallglobus für den besten Film.

20 Pew Research Center: “Religious Belief and National Belonging in Central and Eastern Europe.” 10.05.2017. Online:https://www.pewforum.org/2017/05/10/religious-belief-and-national-belonging-in-central-and-eastern-europe/ [01.09.2021]

21 Matthias Kirch, “Emil Zatopek: nicht schön, aber schnell (27.07.2020) https://ga.de/sport/mehr-sport/emil-zatopek-nicht-schoen-aber-schnell_aid-52463075 [01.09.2021]

22 Klement / Pezda (2021: 58), die in ihrem Artikel auch den Gender-Aspekt behandeln. Zu der Entstehung des Sokol vgl. den Aufsatz von Sivulka 2001: “Im Jahre 1862 wurde in Prag der erste tschechische Turnverein gegründet. Er erhielt zwei Jahre später den offiziellen Namen Sokol (deutsch: Falke) und wurde damit zum Auslöser des osteuropäischen Turnens des 19. Jahrhunderts. Da das tschechische Turnen in Prag schon vor der ersten Vereinsgründung mit der deutschen Turnbewegung in Kontakt stand, wurde die Turnbewegung auch in Prag mit den neuen (deutsch-)national ausgerichteten Entwicklungen konfrontiert, die in den Jahren danach jedoch zu einer Auflehnung gegen das deutsche Turnen führten.”

23 So etwa im Königreich Jugoslawien, worauf Jasna Žmak (2020) eingeht: “kralj Aleksandar ‘prihvatio sokolstvo kao jednu od legitimnih poluga njegovog programa stvaranja jedinstvene jugoslovenske nacije’ (Jakovljević 2008: 33).” Sie untersucht den rituellen Aspekt der Olympischen Spiele und der an den Sokol-Zusammenkünften (“Slet”) orientierten Jugendtage in Jugoslawien. Im Vergleich des “Slet mit ähnlichen Sportereignissen in anderen politischen Regimen” zeigt sie, welche Bedeutung diese ideologische Bewegung des Breitensports beim Schaffen, von “privaten und kollektiven Körpern” hatte.

24 Einen Überblick über tschechische Sportgeschichte und Preisträger: https://deutsch.radio.cz/100-jahre-sport-tschechen-und-slowaken-holten-ueber-4500-wm-medaillen-8149751 [01.09.2021]

25 Čáslavskás Biografie ist Heldinnenmaterial. Vgl. sid, “Weltsportlerin, Politaktivistin, Turnlegende: Věra Čáslavská mit 74 Jahren gestorben. In den 60er-Jahren dominierte sie jahrelang die Turnszene und gewann siebenmal Olympiagold,” 31.08.2016. Online: https://www.derstandard.at/story/2000043621557/tschechiens-siebenfache-olympiasiegerin-caslavska-gestorben [01.09.2021]

26 Zitiert in Kramer 2019: 221. E.E. Kisch war “Linksaußen beim DBC (Deutschen Ballspiel-Club) Sturm Prag, den er 1898 als gerade erst 13-jähriger mitgegründet hatte; daneben bekleidete er das Amt des Ballwarts und war Vorsitzender des deutsch-böhmischen Fußballverbandes” (ibid.: 2019). Von ihm stammen zahlreiche Texte zum Thema, darunter die "Die Erlaubnis zum Fussballspiel" (1912) oder “Wie ich erfuhr, daß Redl ein Spion war”, der so beginnt: “Noch immer gehörte ich dem Fußballklub an, mit dem ich einst gegen »Slavia« gespielt hatte, lange bevor der damalige Halfback Eda Benes zum Präsidenten der Republik geworden war. Noch immer spielten wir als einzige deutsche Mannschaft gegen tschechische Mannschaften, obwohl ich nicht nur Redaktionsmitglied einer deutschen Zeitung, sondern jetzt sogar Obmann des Klubs »Sturm« war.” https://www.projekt-gutenberg.org/kisch/sensatio/chap019.html. Andreas Kramer erinnert daran, dass in Prag dieses Spiel zu der Jugendzeit Kischs als “als ‘wilder’, subversiver Sport” galt (Kramer 2019: 215).

27 Abseits: Aus dem Leben von Fussball-Fans. Übs. Herta Soswinski. Rosenheim 1971. Karel Poláček (1892 Reichenau / Rychnov nad Kněžnou – ermordet vermutlich in Gleiwitz im Januar 1945) wurde am 5.7.1943 nach Theresienstadt deportiert, wo es im Übrigen auch ‘kasernierte’ Fußballspiele gab, die 1944 auf Film dokumentiert wurden. Kramer (2019: 214) geht auch auf die Bedeutung der Mannschaftssportart, die für den wenig sportlichen Franz Kafka Relevanz hatte, für die jüdische Welt ein: “Fußball galt Kafka auch als Modell einer Einübung in eine körperbetonte jüdische Gemeinschaft und ihrer Bewährung in einer mehrheitlich nicht-jüdischen Umwelt.”

28 Mit dem Spezialpreis der Jury des Hauptwettbewerbs wurde der Dokumentarfilm Každá minuta života / Jede Minute des Lebens von Erika Hníková (Tschechien, Slowakei 2021), in dem die Regisseurin die Erziehung eines Kinds zu einem Champion begleitet, ausgezeichneten. Die Einstellung zur Erziehung des Kinds selbst ist vom sportlichen Wettbewerbsgedanken und der dazugehörigen Besessenheit von Effizienz geprägt.

29 Zátopek und seine Frau unterschrieben ebenso wie Skispringer Jiří Raška das Manifest der 2000 Worte: Der von Ludvík Vaculík verfasste tschechische Text mit Namensliste findet sich hier: http://www.totalita.cz/txt/txt_2000slovt.php [02.09.2021]

30 Grund hierfür ist die tschechische Selbstbeschränkung bei kostspieligen Produktionen, die zudem als Koproduktionsland sich am liebsten die Slowakei auswählen. Die Kosten für Masaryk betrugen 54 Millionen Kronen, für Zátopek 92 Millionen. Mit Masaryk konnten weder der erfahrene Produzent Rudolf Biermann (Slowakei) noch die Schauspieler – darunter war die herausragende Leistung des Deutschen Hanns Zischler – international punkten.

31Die Meldung hierzu vom 12.10.2021: https://www.radiotavisupleba.ge/a/31505616.html Koguashvili wurde bereits einmal einmal für Georgien in das Rennen geschickt: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Georgian_submissions_for_the_Academy_Award_for_Best_International_Feature_Film. [1.1.2021]

32 “Zátopek byl komunista, který tomu v padesátých letech ještě věřil, myslí si režisér David Ondříček.” Barbora Tachecí im Gespräch mit David Ondříček. 17.08.2021 https://plus.rozhlas.cz/zatopek-byl-komunista-ktery-tomu-v-padesatych-letech-jeste-veril-mysli-si-8556838 [01.09.2021]

33 Der Film ist in Tschechien überaus erfolgreich, er gewann den Publikumspreis des Festivals und schaffte 81% auf der Tschechisch-Slowakischen Datenbank: https://www.csfd.cz/film/377596-zatopek/prehled/ [27.09.2021]

34 “Odcloňování politiky ladí s tím, že film Zátopka vykresluje jako jakéhosi českého Forresta Gumpa říznutého švejkovstvím. Podobně jako Gump zfiktivňuje dějinné události kolem sebe.” Jindřiška Bláhová, VARY 2: ZÁTOPEK UKAZUJE LEGENDU JAKO ČESKÉHO FORRESTA GUMPA. Vyniká nad průměrem tuzemských životopisných filmů. Respekt, 21.08.2021. [20.8.2021]

35 Vgl. den Artikel über den nicht-Profi-Sportler Zátopek in London: http://muzeum3000.nm.cz/aktuality/profesionalove-se-v-roce-1948-olympiady-ucastnit-nesmeli-jen-amateri [17.08.2021]

36 Das Drehbuch für diesen nicht im Wettbewerb laufenden Film stammt vom erfahrenen Boris Frumin (*Riga 1947, Tisch School of Arts in New York), mit dem der 1973 geborene Koguashvili seit einem Jahrzehnt zusammenarbeitet, so etwa in Blind dates: https://www.kviff.com/en/programme/film/57/34056-brighton-4th [01.09.2021]

37 Die Erinnerung an Jude Laws Besuch von Karlovy Vary ist nicht nur dem Stamm-Publikum des Festivals, sondern auch in dem zehn Jahre alten Trailer präsent, in dem er genau jenen Upper-Class-Schnösel mit working class-Vergangenheit verkörpert. Ihn verrät das geschickte Handanlegen in der Garage, wo er in seiner Werkstatt seinen Rolls Royce mit einer falschen Figur auszustatten, um danach zufrieden durch das poshe Nord-London zu gleiten (Law stammt selbst nicht aus der Oberschicht). Der Trailer wirkt heute wie eine Vorwegnahme auf den Hochstapler aus The Nest, ein Fake mit praktischen Talenten.

38 Eine Apparatus-Rezension des Films folgt.

39 “Pro podnikatele Ivo Róna [...] byla rodina a firma tak trochu jedno a totéž” (Honza Bezděkovský, 03.09.2021). Online: https://www.csfd.sk/film/839892-atlas-vtakov/recenzie/?comment=11787912 [01.10.2021]

40 “Babis Ankündigung, sein Land wie seine Geschäfte leiten zu wollen, hat vor allem jene inspiriert, die sich nach einfachen Lösungen sehnen. Mit Vergleichen zu Donald Trump oder dem ehemaligen Ministerpräsident Italiens, Silvio Berlusconi, warnen Kritiker, dass Babis jene institutionellen Stärken der Tschechischen Republik untergraben könnte [...].” (Tim Gosling, 20.10.2017, https://www.dw.com/de/andrej-babis-der-tschechische-donald-trump/a-41008390). Zu dem Thema schrieb Paul Krugmann bereits 1996: “Yet many people (not least successful business executives themselves) believe that someone who has made a personal fortune will know how to make an entire nation more prosperous. In fact, his or her advice is often disastrously misguided.” Babiš wurde im Oktober 2021 abgewählt.

41 “An eine andere Affäre erinnert sein Sohn, der wie aus dem Nichts in Usti auftaucht: ‘Vati, Vater, hier ist Andrej Junior. Guten Tag! Wie geht’s Dir, wenn Du mich siehst?’, spricht er seinen Vater an und lässt ihm wissen, er werde sich ‘verteidigen’ – um seinem Vater dann noch ironisch ‘viel Glück mit Deiner Kampagne und beim Verschaukeln des tschechischen Volks durch deine ANO-Sekte’ zu wünschen. [...] Er wirft seinem Vater vor, ihn auf die Krim verschleppt zu haben und ihn als psychisch krank abzustempeln, damit er nicht gegen ihn aussagen könne: Es geht um Betrug bei EU-Geldern für Babis' Wellnessresort ‘Storchennest’.”(Marianne Allweiss, “Showdown gegen Babis in der Provinz,” 21.09.2021, https://www.tagesschau.de/ausland/europa/tschechien-babis-parlamentswahl-101.html). Vgl. auch den Artikel in der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2018, in dem der ‘Konflikt der Generationen’ dargestellt wird: “Der Premier, Babiš senior, erklärte der Presse inzwischen, sein Sohn leide an Schizophrenie, seine ebenfalls in die Betrugsaffäre verwickelte Tochter an einer bipolaren Störung.” Viktoria Großmann, “Aufgespürt in der Schweiz,” 11.11.2018, https://www.sueddeutsche.de/politik/tschechien-aufgespuert-in-der-schweiz-1.4214318. [01.10.2021]

42 Der Film erhielt auch den Preis der Ökumenischen Jury und die Auszeichnung des Europa Cinemas Label Award (Final Press Release, 28. August 2021), der dem Film den Weg in Kinotheater ebnen wird.

43 Zu diesen primitiven Formen vgl. Nell Irvin Painter: ”Why White People are Called Caucasian” (University of California Televison, 13.03.2014) https://www.youtube.com/watch?v=8iZDapgQdFo

Bio

Natascha Drubek forscht, lehrt und publiziert im Gebiet der Kulturen, Literaturen und Medien Europas unter besonderer Berücksichtigung von Mittel- und Osteuropa. An der Ludwig-Maximilian-Universität in München studierte und promovierte sie in Slavistik und osteuropäischer Geschichte, 2007 folgte die Habilitation zu einem film- und kulturwissenschaftlichen Thema (Russisches Licht). 20062009 arbeitete sie als Marie Curie-Fellow an der Filmhochschule FAMU in Prag an der Editionsmethode Hyperkino. 2009–2015 war sie Heisenberg-Stipendiatin der DFG and 20132014 am United States Holocaust Memorial Museum. Seit 2015 Chefredakteurin der Open Access Zeitschrift Apparatus. Film, Medien und Digitale Kulturen in Mittel- und Osteuropa und Herausgeberin der Reihe Open Apparatus Books.

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Suggested Citation

Drubek, Natascha. 2021. Review: “Pandemische Körper. Das 55. Internationale Filmfestival Karlovy Vary”. Pandemic Cinema in Central and Eastern Europe (ed. by Raoul Eshelman, Mario Slugan, and Denise J. Youngblood). Special issue of Apparatus. Film, Media and Digital Cultures in Central and Eastern Europe 12. DOI: http://dx.doi.org/10.17892/app.2021.00012.274

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